Sonntag, 27. September 2009

Die Messebratwurst

Ein Messebesuch ist immer etwas Spannendes. Man kommt mal raus und man kann sich vor Ort von dem Trubel an Ausstellern, Besuchern, Vorträgen, Seminaren, Diskussionen etc inspirieren lassen!

Die Marken, Produkte und Vertreter der jeweiligen Unternehmen werden vor-Ort erleb- und fühlbar.

Früher war eine Messe eine wichtige Plattform für Hersteller, um ihre Produkte überhaupt bei Händlern oder Kunden anbieten zu können.
Meist war sie sogar die einzige Veranstaltung im Jahr, wo Kunden und Einkäufer begeistert wurden und Verträge für den Absatz des ganzen Jahres abgeschlossen wurden.

Wenn man sich nicht gut auf einer Messe präsentierte oder die Messe – aus welchen Gründen auch immer - sonst nicht erfolgreich verlief, hatte das zum Teil gravierende Folgen für das Unternehmen…

In manchen Branchen z.B. Fashion ist eine Messe bzw. „Cat walk“ immer noch sehr gewichtig.
Die meisten Branchen haben zwar noch eine Messe, präsentieren, kommunizieren und vertreiben ihre Ware aber mittlerweile über alle möglichen Kanäle.

Als Kunde kann man sich bequem online über Produkte informieren, sich diese sogar in 3D mit allen möglichen Zusatzinformationen anschauen, konfigurieren und sofort per e-Shop ordern!
Manchmal direkt vom Hersteller, ohne einen zwischengeschalteten Händler. Und ohne extra auf einen Messe fahren zu müssen…

Eine Messe hat insgesamt an Wichtigkeit verloren, aber trotzdem werden Messen teilweise noch gelebt und zelebriert, wie in den guten alten Zeiten.

Auch in der „Online-Branche“ wird jährlich eine Messe zelebriert, auch wenn es hier noch nie Produkte gab, die man als „Hersteller“ haptisch vor-Ort hätte präsentieren müssen. Die „digitale Branche“ könnte und müsste sich doch komplett virtuell im Web oder „Social Web“ treffen können und sich dort per Chat, Webinars, Twitter etc gegenseitig ihre Produkte feilbieten. Vielleicht ab und zu noch ein Kennenlern-Meeting inkl. Konfi-Keksen… So wie das Biz das ganze Jahr über eh schon läuft…

Wie auch immer, ich bin in diesem Jahr auf die Dmexco gefahren, um dort in den Messe-Rummel einzutauchen und vielleicht eine Neuigkeit zu erfahren oder zu erleben, die ich im Web nicht wahrgenommen habe.

Nachdem ich zu spät in Köln angekommen bin, wurde meine minutiös geplante Messe-Agenda, mit Bulletpoints für Meetings, Seminare und sonstiges, noch einmal durcheinander geworfen, weil mich der Taxi-Fahrer beim Rheuma-Kongress ablieferte…

Das merkte ich aber erst, als ich mich dort Einchecken wollte. Irgendwie machte ich mir bezüglich dieses Faux-Pas schon meine Gedanken!? Nuschelte ich den Taxifahrer so unverständlich das Fahrtziel zu oder sehe ich etwa aus, als ob ich etwas mit Rheuma zu tun habe?

Nun ja, irgendwann war ich dann auf der richtigen Messe!

Um mich herum ganz viele wichtige Online-Biz-Man und Women. Die meisten schleppten zackig einen Trolly hinter sich her, in der einen Hand auch noch ein (i)Fone und dann noch Stöpsel im Ohr und Zeitung unterm Arm. Alle waren gierig auf den „Badge“, den man sich als Zugehörigkeitserkennungsmerkmal an einem Halsband schick und wichtig umhängen muss.

In diesem Jahr steckte ich das Ding einfach mal weg, um zu sehen, was dann passiert. Mal vorweg genommen: Es interessierte niemanden, dass ich mit oder ohne „Badge“ unterwegs war.

Nun ja, ich machte mich auf in die Halle und eroberte die Stände, die irgendwie wie Trutzburgen in die Halle ragten und sich vom Mitbewerber abgrenzten. Die Stände hatte ich recht schnell abgearbeitet, denn es handelte sich zum Großteil, um die Vermarkter- und Media-Szene, die nun mal Werbeplätze verkaufen, was im Online-Biz eine „spannende“ Wertschöpfung darstellt, mich nicht so sehr interessiert. Dieses mal waren die Media-Offerte aber hübsch verpackt in Targeting- und Social-Media Bundles etc.

Dann begeisterte ich mich in Seminaren, die in einer großen Vielzahl angeboten wurden und inspirierende, qualitativ hochwertige Themen boten.

Nach einigen Meetings hatte ich dann soweit alles abgearbeitet und gönnte mir, ziemlich erschlagen vom Rummel und ständigen Messegeräuschpegel, einen gute Kaffee.

Parallel zum Kaffe schmiss ich mein Notebook an, um zu schauen, was im Web für Neuigkeiten gibt, denn irgendwie hatte ich das Gefühl real vor-Ort nicht alles mitbekommen zu haben bzw. das Gefühl etwas verpasst zu haben…

Und tatsächlich, neben diversen interessanten e-Mails und Web-Announcements zur Dmexco, blies mir auf dem Twitter-Channel ein wahres Realtime-Informations-Donnerwetter entgegen.

Unter dem Hashtag „#dmexco“ schienen sich die News zu überschlagen.

Da wurde von allen Ecken der Messe getwittert, wie es sich z.B. um die Qualität des Vortrages, der Bewirtung, des Sounds des Mikros verhält, ob man noch Karten für die Party hat, dass im Seminar Y noch Plätze frei sind, wer mit auf den Bratwurststand kommt, wo im Raum X eine Steckdose zu finden ist, was gerade am Stand X zu sehen ist, wo die schärfste Messehostess engagiert ist und was sie gerade macht etc etc…

Ich war begeistert und hatte nun bei meinem Kaffee das Gefühl, nicht nur taktisch-unbeholfen an Ständen vorbeizustolpern, sondern auf einen Schlag einen Überblick aller Wichtigkeiten und Nichtigkeiten der ganzen Messe zu haben.

Es schien mir, als ob über oder neben dem realen Messegetümmel, ein Layer gelegt wurde, der in Echzeit zusätzliche Informationen transportiert. Genau auf den Ort bezogen, wo man sich gerade befindet bzw. auf den Umkreis des Messegelädes. Quasi wie eine Parallelwelt mit Offline- Online-Ortsbezugs-Schnittstelle …

Später hatte ich großen Spaß an Tweets, die aus meiner direkten Umgebung von wenigen Metern stammen mussten. Ich versuchte die Tweets den Leuten an den Tischen oder Ständen um mich herum zuzuordnen. Viele Besucher waren ja mit einem Mobile Device oder Notebook zugegen bzw. mit gesenktem Kopf ins Web abgetaucht.

Leider gelang es mir nicht, eine Person zu catchen, die in der realen Messewelt gerade einen Tweet in die virtuelle Messeparallelwelt absetzte. Zu gerne hätte ich den Twitterer dann direkt und persönlich angesprochen.

Irgendwann war dann die Akkuladung meines X200 durch und ich hatte Hunger. Und was gönnt man sich auf jeder Messe? Egal ob Online oder Offline und egal um welches Produkt es sich dreht?

Richtig: Eine Messebratwurst mit Brötchen und Senf! Und dazu ein eiskaltes Karamalz!

Und um den Bratwurststand herum war ordentlich was los. Ohne Mobile Device und real, und nicht getwittert.

Denn eine Messebratwurst verbunden mit netten Gespräch mit alten Kollegen oder zufälligen Bekanntschaften, erfordert volle Konzentration. Außerdem hat man keine Hand mehr frei.

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